30.09.2024

Von analog zu digital – niemals eins-zu-eins

8 Gründe, warum Präsenzkurse nicht ohne Anpassung in den Online-Raum übertragen werden können

von Claudia Richeling

Von analog zu digital – niemals eins-zu-eins
Bild-Credit: aconium GmbH

Wer bisher als Präsenztrainer:in oder Dozent:in tätig war und in den digitalen Raum wechseln musste, hat schnell festgestellt, dass diese beiden Lehrformen grundlegend unterschiedlich sind. Obwohl einige Methoden und Inhalte übernommen werden können, stößt man schnell an Grenzen beim Versuch, Präsenzkurse unverändert in ein Online-Format zu übertragen, da sich die Lernumgebung, die Art der Interaktion und die Bedürfnisse der Lernenden erheblich unterscheiden.

Einige der wichtigsten Aspekte, die man beim Wechsel von Präsenzkursen zu Onlineformaten beachten muss, sind:

1) Lernmaterialien

Materialien, die in einem Präsenzkurs gut funktionieren, wie z.B. physische Handouts oder Flipcharts, sind nicht automatisch geeignet für digitale Lernformate. Sie müssen auf ihre Praktikabilität für Online-Kurse geprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

2) Spontanität vs. Planung

Im digitalen Raum ist eine minutiöse Planung unerlässlich.

Alle Übungen, ob Quizze, Votings oder einfache Verlinkungen, sollten im Vorfeld vorbereitet, klar strukturiert und getestet worden sein. Die Agenda und die genutzten digitalen Arbeitsbereiche sollten daher alle relevanten Informationen enthalten, um den Ablauf für alle Teilnehmenden transparent zu gestalten. Diese Vorbereitung ist entscheidend, um den Workshop reibungslos durchzuführen und den Teilnehmenden ein Gefühl von Sicherheit und Struktur zu geben.

3) Interaktion und Kommunikation ohne Mimik & Gestik

In Präsenzkursen erfolgt die Interaktion oft spontan und direkt. Lehrende können nonverbale Signale wie Mimik und Gestik nutzen, um die Reaktionen der Lernenden einzuschätzen und sofort darauf zu reagieren.

Online erfordert die Interaktion oft eine andere Struktur, z.B. durch Chats, Reaktionstools oder Abstimmungen, was wiederum eine sorgfältigere Planung und Moderation voraussetzt. Zudem rufen im digitalen Raum allgemeine Ansprachen oft wenig Reaktionen hervor, was die Interaktion erschwert.

4) Technische Barrieren: Nicht alle Lernenden haben den gleichen Zugang zu Technologie oder sind gleich gut darin, sie zu nutzen. Deshalb müssen Online-Kurse auch technische Unterstützung und klare Anleitungen bieten, um allen Teilnehmenden den Zugang zu ermöglichen. Hinzu kommen potenzielle technische Probleme, die antizipiert und im Zweifelsfall bewältigt werden müssen.

5) Konzentration

Die Durchführung eines digitalen Workshops erfordert besondere Aufmerksamkeit und Anpassung. Da die Konzentration in Online-Settings häufig schneller nachlässt, ist es wichtig, Inhalte mehrfach zu wiederholen. Der Ablauf und wichtige Schritte sollten beispielsweise nach einer Mittagspause erneut zusammengefasst werden.

6) Motivation

In Präsenzkursen gibt es oft eine stärkere soziale Kontrolle und direkte Motivation durch die Seminar- oder Workshopleitung. Online müssen Lernende häufig eigenständiger und selbstmotivierter sein, was eine andere didaktische Planung und Betreuung erfordert, um das Engagement aufrecht zu erhalten. Ein abwechslungsreicher Medienmix sowie regelmäßige Pausen sind daher essenziell, um die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden aufrechtzuerhalten.

7) Erhöhte Anforderung & mehr Zeit

Die Durchführung digitaler Workshops erfordert einen höheren Zeitaufwand, da neben der inhaltlichen Vermittlung auch die Interaktion mit den Teilnehmenden und die Technik gleichzeitig gemanagt werden müssen. Hier kann eine Doppelmoderation eine große Erleichterung bieten, vor allem für Einsteiger:innen oder bei größeren Gruppen. Mit zunehmender Routine oder in kleineren Gruppen kann auch eine einzelne Moderation ausreichen.

8) Technische Hilfsmittel für digitale Workshops

Um digitale Workshops ebenso effizient und ansprechend wie Präsenzkurse zu gestalten, gibt es eine Vielzahl von technischen Hilfsmitteln, wie Breakout Rooms für Gruppenarbeiten oder digitale Whiteboard Tools, um Ideen gemeinsam zu entwickeln und zu visualisieren. Mit diesen müssen sich Trainer:innen allerdings vorab vertraut machen, um diese im Workshop souverän anzuwenden.

Es gibt also viele Aspekte zu beachten, wenn Trainer:innen ihre analogen Lehrformate in digitalen Kursen einsetzen möchten. Doch wie gehen sie hierbei am besten vor?

 

 

Tools & Methoden

Trotz der aufgeführten Unterschiede, lassen sich viele Methoden aus dem Präsenzunterricht mit ein wenig Kreativität in den digitalen Raum überführen. Damit Ihr digitaler Workshop gelingt, möchten wir Ihnen nachfolgend ein paar kostenlose und hilfreiche Methoden und Tools vorstellen:

Icebreaker

In digitalen Settings ist es umso wichtiger, dass die Teilnehmenden miteinander warm werden und eine lockere und vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre entsteht. Deshalb sollten zu Beginn des Workshops Icebreaker-Aktivitäten eingeplant werden, um eine angenehme und kooperative Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Beispiel: Aufstellung im Raum

Ein Icebreaker wie die Aufstellung im Raum kann ebenfalls ins Digitale übertragen werden. In einer Präsenzveranstaltung würden sich die Teilnehmenden beispielsweise im Raum nach bestimmten Kriterien aufstellen, etwa nach ihrem Erfahrungslevel. Im digitalen Raum könnten sich Teilnehmende mithilfe eines selbst gewählten Avatars auf einer virtuellen Linie im Whiteboard Tool wie Padlet anordnen.

Strukturierung von Zusammenhängen oder komplexen Themen auf digitalen Pinnwänden

Während in einem physischen Workshop vielleicht Haftnotizen auf einer Wand arrangiert würden, geschieht dies digital beispielsweise auf einem kollaborativen Whiteboard, das die gleichen kreativen Prozesse ermöglicht.

Padlet hilft bei der Erstellung kollaborativer digitale Pinnwände, auf denen verschiedene Inhalte wie Texte, Bilder, Videos und Links in Echtzeit geteilt und kommentiert werden können. Es eignet sich besonders gut für Gruppenarbeit, Brainstorming und das Sammeln von Ideen in digitalen Workshops und Lernumgebungen.

Eins sehr ähnlichen Tools stellt Task Cards dar. Es eignet sich wunderbar zur strukturierten Aufgabenverteilung und Organisation und legt einen besonderen Wert auf Datenschutz und Serverstandorte in Deutschland.

Abstimmungen

Für Abstimmungen, die in Präsenz per Handzeichen durchgeführt würden, stehen auch im digitalen Raum verschiedene Tools zur Verfügung:

Mentimeter ermöglicht es, in Echtzeit Umfragen, Quizze und Wortwolken zu erstellen. Es ermöglicht den Trainer:innen außerdem, Antworten und Meinungen der Teilnehmer:innen sofort zu visualisieren.

AhaSlides legt darüber hinaus besonderen Wert auf eine breitere Palette an Quiz- und Spieloptionen.

Gruppeneinteilung oder Teilnehmerauswahl

Das Picker Wheel ist eine virtuelle Drehscheibe. Diese ermöglicht Trainer:innen, eine Auswahl an Optionen wie Namen einzugeben, die dann zufällig ausgewählt werden, wenn das Rad gedreht wird. Das Tool bietet damit eine unterhaltsame und unvoreingenommene Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen oder Teilnehmer:innen auszuwählen.

Feedback

Da Teilnehmer:innen in Workshops oft zurückhaltend sein können, ist es besonders vorteilhaft, ein Tool wie Bitte Feedback zu nutzen, da es anonyme Rückmeldungen ermöglicht. Dies fördert ehrliche und offene Antworten, die wertvolle Einblicke zur Verbesserung zukünftiger Workshops bieten.

Ebenfalls geeignet wäre Particify, das sowohl Echtzeit-Umfragen als auch anonyme Feedback-Mechanismen bietet.

 

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